Bildung und Kultur

«Dann ist es wirklich wahr? Du gründest nun die erste Permakulturschule in der Schweiz?», fragt mich ein Freund

Für mich ist es sehr wichtig, eben keine Schule zu sein. Zum einen ist der Begriff «Schule» mittlerweile durch viele Menschen einfach zu sehr mit negativen Gefühlen belastet und zum anderen hat der PermaRIA Lern- und Begegnungsort mit Schule keine Ähnlichkeiten. Die Schule war jetzt so lange auf der Erde verankert, sie ist weder zeitgemäss noch lehrreich. Es gibt zu viele Kinder, welche sich äussern «nicht gerne in die Schule zu gehen». Stattdessen wird meist in der Mittelstufe oder dann spätestens in der Oberstufe «rumgealbert». Die extrem vielen überfordernden Lernziele in zu kurzer Zeit brauchen eine seelische Verarbeitung. Computerspielen oder anderen Medienkanälen werden von den jungen Menschen konsumiert, um eine Art Balance zu halten – eine gesuchte Form des Abschaltens… oder kennt ihr Kinder, welche täglich von Herzen gerne morgens aufstehen, weil sie in die Schule dürfen, um zu lernen – nicht den Freunden wegen, sondern der Lernangebote wegen? Es gibt sie – aber es sind wenige… Auch für so manche Lehrer ist die Motivation erloschen – Lehrermangel lässt grüssen… Ich möchte nicht pessimistisch sein, aber es ist mir wichtig, aus tiefstem Herzen ehrlich zu sein. Wieso so weitermachen, wenn wir etwas ändern können? Denn das haben unsere Kinder verdient!

Jetzt ist es an der Zeit
Das Alte darf weichen und das Neue kommt in einer ganz freien, neuen Form zu uns. Bei PermaRIA tauchen die Kinder an zwei bis drei Halbtagen pro Woche ein in das Leben der Permakultur. Sie kümmern sich um den Erdboden, das Wichtigste überhaupt. Von ihm kommt so viel, was wir zum Leben brauchen und so handeln wir. Wir gehen achtsam mit dem Boden um, betreiben gemeinsam Humusaufbau, bepflanzen und beernten diesen, kochen von seinen Erträgen unser Mittagessen und machen Überschüsse haltbar. Man spricht auch vom Boden als «Organismus» und die Ähnlichkeiten zu unserem menschlichen Organismus sind unübersehbar.
Vielleicht darum kümmern wir uns an diesem Lern- und Begegnungsort vor allem auch um uns und unser Inneres. Für all dieses Schaffen brauchen wir ganz viel Gefühl und Urvertrauen in unser eigenes Sein. Dieses ist in uns und möchte von uns gelebt werden, denn so kommen wir wieder zu unserem inneren Reichtum, der Wahrheit und der Weisheit.

Permakultur heisst ganzheitlich unterwegs zu sein

Ein weiterer sehr interessanter Gedanke und gelebte Idee am PermaRIA Lern- und Begegnungsort ist die Lebensqualität zuhause. Die Kinder verbringen die restliche Zeit der Woche gemeinsam mit ihren Familien. Dort gibt es Raum, wahrhaftig zusammen zu sein und das Leben gemeinsam in Fülle zu verbringen und zu erleben. Auch hier kann man kreativ sein, wie dies gelebt werden möchte. Beispielsweise können Familien sich zusammenschliessen und Projekte für Kindergruppen anbieten, wie zum Beispiel das Ausleben eines Malraumes, eines Musikateliers etc. denkt dabei einfach an eure Kinder – sie spüren, was sie zur Entfaltung brauchen.

Bereicherung durch Mischkultur in der Ethnie
Als meine Grossmutter ins Altersheim umgezogen ist, hat sie einen grossen Teil von ihrer Lebenskraft verloren. Ich besuchte sie oft in ihrem neuen zuhause, das Personal war super lieb und kümmerte sich wirklich rührend um meine geliebte Grossmutter. Aber doch spürte ich, wie ihr langweilig war und dankbar wie sie war, beschwerte sie sich nie. Aber ihr Leben verbrachte sie mit dem Aufziehen von 8 Kindern, bot riesige Unterstützung an 24 Grosskinder und 34 Urgrosskinder. Seit ihrem Tod ist es ein grosser Wunsch von mir, die Altersheime mit dem Zusammenleben der Kinder und Jugendlichen zu durchmischen. Der PermaRIA Lern- und Begegnungsort macht einen Anfang indem 10 Pensionäre zusammen mit 15 Kindern in der Permakultur gemeinsam zwei Halbtage aktiv sind. Meine Grossmutter hätte sich riesig gefreut, wenn sie das einmal die Woche hätte erleben dürfen. Sie hätte mir begeisternd davon erzählt, wie sie mit den Kindern gegärtnert und mit ihnen zusammen ihre Lieblingstiere, die Hühner versorgt hätte.. Genau diese Vorfreude und die Freude wünsche ich allen Menschen und möchte durch PermaRIA etwas daran beitragen…

Danke an alle Menschen in Schulen und Altersheimen
All ihr lieben Lehrpersonen, PflegerInnen oder anderweitig Angestellten eines Altersheimes oder einer Schule – ihr macht einen grossartigen Job und dafür danke ich euch von Herzen. Es ist also keine Kritik an eurem Schaffen, sondern lediglich an unserem «eingetrotteten» System, welches heute ausgedient hat. Wenn wir dies erkennen, dürfen wir Schritt für Schritt gemeinsam in ein leuchtendes Jetzt übertreten. Ich freue mich, die permanente Freude und das Lachen in deinem Herzen zu spüren!

Wie es zur Gründung des PermaRIA Lern- und Begegnungsort kam

Zu den Vormietern unseres heutigen Zuhauses hatte ich seit unserer ersten Begegnung eine besondere Beziehung, sie sind allesamt einzigartige Menschen, welche mir nahe stehen. So hatten sich unsere Wege immer mal wieder gekreuzt. Dies auch im Sommer 2023, als sie mir erzählten, dass sie bald eine Homeschooling Bewilligung für ihren jüngsten Sohn in Aussicht hätten. So kam der Ball ins Rollen. Ich hatte seit jeher das Gefühl, dass Kinder – viele Kinder auf den Venusblumenhof «gehörten». Im Sommer 2023 wurden jedoch noch fleissig Pläne geschmiedet, für ein paar Monate nach Costa Rica zu segeln, um dort ein Permakulturprojekt zweier Freunde zu planen und umzusetzen.

Mitte September kam ich mit den Eltern zum ersten Mal zusammen. Dies war eine überaus kraftvolle Begegnung, vollzählig versammelt waren wir auf einmal mitten im Kraterbeet «ein geschlossener Kreis aus mutigen Eltern, Pionierkindern und mir» standen sich gegenüber, bereit in dieser Welt etwas zu verändern. In jenen Momenten zuckten Blitze am Himmel und Donner klatschte Beifall – es war einfach magisch. Zehn Minuten später prasselte der Regen heftig auf das Stalldach über uns, während wir uns zu einer Zusammenarbeit in voller Vorfreude und Verbundenheit entschlossen. Die Energie, dieser kraftvollen Begegnung verstärkte sich noch in den kommenden Tagen und Wochen. Es wurde für mich unmöglich, mich auf ein Projekt in Übersee zu fokussieren und ich wandte mich dann definitiv dem PermaRIA Lern- und Begegnungsort zu. Immer wieder trafen wir uns, um Gemeinsamkeiten und Vorstellungen auszuarbeiten.

Im November desselben Jahres hielt ich an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil ein Referat über «Gehölze zur Selbstregulierung im Permakultursystem». An diesem Symposium hielt Lucia Illi-Gisler ebenfalls ein Referat über ein Gartenprojekt mit Rheumabetroffenen, welchem ich interessiert lauschte. Gegen Ende des Vortrages traf mich die Eingebung «Pensionäre für das PermaRIA Projekt ins Boot zu holen» erneut wie Blitze vom Himmel, wie damals zwei Monate zuvor im Kraterbeet. Ganz begeistert ob dieser Idee, wusste ich: Das ist Win-Win für alle Beteiligten. Dass mir bereits kurze Zeit später die wunderbare Martha zusagte, sich als kinderliebende Pensionärin mit einem grossen Faible für Permakultur und Handarbeit am Projekt zu beteiligen, erfüllte mich mit grosser Dankbarkeit

Die Ideen waren also alle zahlreich vorhanden und es ging an die Umsetzung. Ich benötigte die kalte Jahreszeit dazu die räumlichen Bedingungen auszuarbeiten, Materialien und Mobilien zu besorgen und einzurichten. Immer mit dem Fokus; weniger ist mehr. Auch ein Crowdfunding war Teil des Projektes und vor allem mir klar zu werden, wohin der Weg führen sollte und was die tatsächliche Lern- und Begegnungszeit beinhalten sollte. Dabei entstanden auch die Bilder der bunten Lernangebote auf der Homepage. Es war ein Geschenk diesen Prozess gehen zu dürfen, welcher mich ganz mit meinem Inneren verband.

Kurz nach der Aufschaltung des Crowdfundings war ich sehr enttäuscht, dass es nicht zu klappen schien. Ich wollte am liebsten mit dem Megafon durch die Strassen gehen: «Hey, seht ihr das nicht, dass ist unsere Zukunft – glückliche Kinder, Eltern und Pensionäre… keine Einsamkeit mehr für ältere Menschen…». Doch sehr gleich verstand ich, genau aus diesem Grund darf das Crowdfunding eben NICHT zustande kommen. Es soll «Schule machen» und sich überall verbreiten. Dazu braucht es Wege, die für alle Menschen zu begehen sind, so müssen also auch Lösungen her, welche das Budget so klein wie möglich halten…

Ja und da stehen wir heute und lassen unsere Ideen einfliessen. Der Weg ist da, wir gehen ihn jeden Tag. Ich freue mich, dass wir uns bereits in Mitten des ersten Semesters befinden. Denn wenn wir im Herz bleiben, kommt alles andere von selbst…